Ein Leitfaden zur Collagraphie, 1. Teil

Ein Leitfaden zur Collagraphie, 1. Teil

Die Collagraphie ist ein künstlerisches Druckverfahren. Dabei werden zunächst verschiedene Objekte auf einen starren Untergrund aufgeklebt. Anschließend wird die Druckplatte eingefärbt und läuft durch eine Druckpresse. Auf diese Weise wird das Motiv gewissermaßen auf Papier gestempelt und ein gedrucktes Kunstwerk entsteht.

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Ein Leitfaden zur Collagraphie, 1. Teil

Kunstdrucke in Form der Collagraphie begeistern durch ihre detaillierten Motive. Sie finden sich in Museen und Galerien. Aber auch im Schulunterricht und im heimischen Hobby-Atelier lassen sich mit dieser Technik tolle Drucke anfertigen.

In einem ausführlichen Leitfaden stellen wir die Collagrafie einmal näher vor!:

Collagraphie – was genau ist das?

Bei der Collagraphie werden unterschiedliche Materialien auf einem festen Untergrund wie Pappe oder Holz angeordnet. Dieser Untergrund ergibt die Druckplatte.

Das Motiv lässt sich aus verschiedensten Materialien gestalten, so zum Beispiel Karton, mit Klebstoff vermischtem Sand, Papier, Stoff, Fäden und Schnüren, Folien oder Blättern.

Um die Druckplatte zu stabilisieren, wird meist Schellack oder ein PVA-Kleber aufgetragen. Anschließend wird die Druckplatte eingefärbt und auf Papier oder Leinwand gedruckt.

Die Technik der Collagraphie verbindet in gewisser Hinsicht den Hochdruck und den Tiefdruck miteinander. Denn die Farbe wird sowohl von den erhabenen Bereichen als auch aus den Vertiefungen abgenommen.

Gleichzeitig sorgen die verschiedenen Schichten, Abstufungen und Strukturen auf der Oberfläche dafür, dass eine Dreidimensionalität entsteht, die dem fertigen Kunstdruck eine besondere Optik verleiht.

Die Bezeichnung der Drucktechnik geht auf die griechischen Wörter „kolla“ für „Leim“ und „graph“ für „Bild“ zurück.

Der Künstler Glen Alps prägte den Namen hingegen als Kofferwort aus „Collage“ und „Graph“. Beides hat seine Berechtigung. Denn eine Collage ist ein Bild, das sich aus verschiedenen Papieren und Materialien zusammensetzt, die auf dem Untergrund angeordnet werden.

Genau diese Technik nutzt die Collagraphie. Allerdings belässt sie es nicht bei der Collage, sondern verwendet die Collage als Druckplatte für den Abdruck.

Die Geschichte der Collagraphie

Die Ursprünge der Collagraphie reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Die Kunsthistoriker sind sich zwar nicht einig darüber, wo und von wem das Verfahren erfunden wurde. Fest steht aber, dass die Drucktechnik bereits angewendet wurde, bevor sie ihren offiziellen Namen hatte.

Große Bekanntheit erlangte diese Form des Kunstdrucks dann Ende der 1950er-Jahre. Seitdem wurde die Drucktechnik stetig weiterentwickelt und immer wieder neu interpretiert.

Frühe Collographien

Die ersten Collographien entstanden vermutlich im späten 19. Jahrhundert. Seinerzeit waren die Lithografie und der japanische Holzschnitt sehr beliebt. Solche Techniken inspirierten viele Künstler dazu, mit verschiedenen Kunstformen und Druckverfahren zu experimentieren.

Irgendwann unternahm ein Künstler dann wohl den Versuch, eine Unterlage, auf die er Gegenstände aufgeklebt hatte, zu drucken.

Obwohl die genauen Ursprünge der Collagraphie nicht bekannt sind, gilt das Werk „Algues Marines“ von Pierre Roche aus dem Jahr 1893 als erstes Beispiel für die Drucktechnik.

Für seine Arbeit klebte der Künstler Gegenstände auf eine Kupferplatte, die er mit Tinte einfärbte und auf japanisches Papier druckte.

Collagraphien zwischen Roche und Alps

Eine ganze Zeit lang wurden Collagraphien schlicht als Drucke bezeichnet. Roche folgten viele andere Künstler, deren Arbeiten in diese Kategorie fielen. Darunter war zum Beispiel der norwegische Künstler Rolf Nesch, der Metall-Collagraphien fertigte.

Zu seinen berühmtesten Arbeiten gehört die Serie „Skaugum“, die aus 20 Drucken besteht. Nesch prägte die Collagraphie insofern, als er während des Druckvorgangs mit farbiger Tiefdruckfarbe experimentierte. Bis dahin hatten die Künstler monochrome Farben verwendet.

Ein weiterer Künstler, der die Collagraphie maßgeblich beeinflusste, war der Ukrainer Boris Margo. Während des Zweiten Weltkrieges entwickelte er den sogenannten Zellschnitt. Bei dieser Kunstform setzte er eine Kunststoffplatte als Druckstock ein.

Ein berühmtes Beispiel seines Schaffens ist das Werk „Reconstruction“. Inspiriert von seiner Technik, gingen viele Künstler dazu über, feste und starre Untergründe zu verarbeiten.

Edmond Casarella wiederum entwickelte das Zusammenspiel aus Farbe und Textur weiter. Ein eindrucksvoller Beleg dafür ist zum Beispiel seine Collagraphie „Reflections“.

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Casarella kombinierte gerne Tuschemalereien und Drucktechniken miteinander. Außerdem setzte er für die einzelnen Bereiche eines Werks verschiedene Techniken ein.

Auf diese Weise erzielte er lebendige und abwechslungsreiche Ergebnisse, durch die ein Bild unterschiedliche Facetten hat.

Ein Leitfaden zur Collagraphie, 1. Teil (1)

Verbreitung der Collagraphie

Mit der Veröffentlichung des Werks „Collagraph #1“ gab der Künstler Glen Alps der Kunstform im Jahr 1956 ihren offiziellen Namen. Gleichzeitig definierte er so die Collagraphie als die Verbindung von der Collage mit der Druckgrafik.

Als Professor lehrte Alps die Drucktechnik seinen Studenten. Dadurch förderte er nicht nur deren Kreativität, sondern trug auch dazu bei, dass die Technik bekannter wurde.

Ein großer Pluspunkt der Collagraphie war und ist, dass sie wenig Kosten verursacht. Materialien wie Karton, Sperrholz oder Papier sind problemlos erhältlich. Der Klebstoff und die Farben sind ebenfalls leicht zu beschaffen und eine spezielle Druckmaschine ist nicht unbedingt notwendig.

Der Umstand, dass bei der Collagraphie auch alte Materialien wiederverwendet werden können, machte sie zusätzlich als Recycling- und Upcycling-Kunstform populär. Damit traf die Technik einen Zeitgeist, der bis heute aktuell ist.

Moderne Collagraphien

Nachdem die Kunstform ihren Namen hatte, setzten viele moderne Künstler das Schaffen fort. Belkis Ayon zum Beispiel brachte ihre kubanische Identität durch ästhetische Schwarz-Weiß-Drucke mit geheimnisvollen Figuren zum Ausdruck.

Estella Scholes druckte die Wellen des Meeres auf Papier und setzte auf diese Weise ihre große Liebe zur Küste in der Collagraphie um.

Tatsächlich gibt es eine Vielzahl an zeitgenössischen Künstlern, die mit der Drucktechnik arbeiten und dabei jeweils ihre ganz eigene Handschrift haben. Neben professionellen Künstlern ist die Collagraphie aber auch im Hobbybereich sehr beliebt.

Denn das benötigte Material ist leicht zugänglich und spezielle Kenntnisse sind nicht notwendig, um eindrucksvolle Werke entstehen zu lassen.

Im Kunstunterricht in der Schule wird die Collagraphie ebenfalls angewendet. Sogar für Bastelnachmittage daheim eignet sich die Drucktechnik.

Und wie eine Collagraphie genau entsteht, erklären wir im 2. Teil.

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Thema: Ein Leitfaden zur Collagraphie, 1. Teil

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Peter Siegmund, - Druckermeister, Martin Blechmann, - Medientechnologe Druckverarbeitung, Ella Bitzobski, - Mediengestalterin Digital und Print, Youtuberin Sevilart (Bastel-Dekovideos) sowie Ferya & Christian Gülcan, Künstler (Malerei), Inhaber von Medienagenturen (inkl. Grafikdesign & Print) Redakteur/in und Betreiber/in dieser Webseite schreiben hier Wissenswertes, Tipps, Ratgeber und Anleitungen zu Drucktechniken, Dekos, Basteln, Kunst, Design, Maltechniken und Druckverfahren.

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