Was ist türkisches Papier?

Was ist türkisches Papier? 

Eine äußert dekorative Form von Malereien auf einer Wasseroberfläche, die anschließend als eine Art Abdruck auf Papier übertragen werden, ist die Ebru-Kunst. Hierzulande wird im Zusammenhang mit diesen Kunstwerken auch vom türkischen Papier oder vom (türkischen) Marmorpapier gesprochen.

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Was ist türkisches Papier?

In Japan wurde handgemachtes Marmorpapier wahrscheinlich schon um das Jahr 1000 hergestellt. Vermutungen zufolge lernten die Türken diese Kunst später in Zentralasien kennen. Sie übernahmen die Kunstform, entwickelten sie weiter und verfeinerten die Techniken. So wurde die Ebru-Kunst zu einer der wichtigsten Kunstformen des Osmanischen Reiches. Doch auch nach dem Untergang des Osmanischen Reiches wurde die Tradition der Ebru-Malereien fortgeführt und schließlich hierzulande als türkisches Papier, Türkenpapier oder Marmorpapier bekannt.

Türkisches Papier ist aber weit mehr als eine dekorative Malerei. Es handelt sich vielmehr um eine anspruchsvolle Kunstform, die einerseits viel Können, Erfahrung und Geduld vom Künstler verlangt. Andererseits hat die Kunstform einen religiös-meditativen Charakter und durch die Zusammenstellung der Farben und Formen auch symbolische Bedeutung. 

Künstler, die sich der Ebru-Kunst in ihrer klassischen Form widmen, bereiten sich üblicherweise mit Gebeten vor und erreichen während des Malens einen religiösen Trancezustand. Mit dem Ziel, einen inneren Frieden zu finden, lassen sie sich dann darauf ein, die Farben eigenständig fließen zu lassen, um im Zusammenspiel mit ihrer Phantasie ein Bild zu schaffen. 

Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, weshalb davon ausgegangen wird, dass sich der Name Ebru, was sich mit Wolke übersetzen lässt, von dem Wort Ebri für Himmelsfarbe ableitet. Weniger spirituelle Theorien hingegen vermuten, dass der Name auf das Wort Abru zurückgeht, was schlicht Wasseroberfläche bedeutet.     

Wie entsteht türkisches Papier?

Um türkisches Papier herzustellen, wird zunächst eine dickflüssige Lösung aus Wasser und meist Tragantgummi angerührt. Diese Lösung heißt Kitre und wird in ein flaches Gefäß namens Tekne gefüllt. Als nächstes kommen die Ebru-Farben zum Einsatz. 

Sie enthalten neben Farbpigmenten und anderen Inhaltsstoffen Ochsengalle, die dafür sorgt, dass sich die Farben auf der Lösung verteilen und ausbreiten, ohne sich mit der Lösung zu vermischen. Die Farben werden mit einem speziellen Pinsel aufgetropft, der traditionell aus Rosenholz und Pferdehaar gebunden wird. Anschließend werden die Farbtropfen mithilfe von Nadeln, Kämmen, dünnen Holzstäben und ähnlichen Werkzeugen ineinandergezogen, bis die gewünschten Muster oder Motive entstanden sind. Dann wird vorsichtig ein Blatt Papier aufgelegt. 

Dadurch überträgt sich das Bild auf das Papier. Nach dem vorsichtigen Abnehmen wird das Papier zunächst getrocknet und zum Schluss geglättet.  Ursprünglich diente das türkische Papier als Malgrund für Kalligrafien. Außerdem wurde es für Schmuckseiten in Büchern und als edle Bucheinbände verwendet. Später diente türkisches Papier auch als Schreibpapier für Dokumente, die durch die einmaligen Muster und Strukturen als fälschungssicher galten. 

Heute ist das türkische Marmorpapier vorwiegend im Kunstbereich zu Hause. Dabei birgt die Ebru-Malerei viele Geheimnisse, denn auch heute noch geben viele Künstler ihre Techniken und ihre Rezepturen für die Lösung und die Farben nicht preis. 

In welchen Stilen gibt es das türkische Papier?

Im Laufe der Zeit haben sich viele verschiedene Formen und Varianten des türkischen Papiers entwickelt. Die wichtigsten Stile und Muster sind dabei folgende:

·         Battal Ebru ist die Grundform.

Der Künstler tropft die Farben auf und greift danach nicht mehr aktiv ein, sondern lässt sie sich eigenständig ausbreiten und verlaufen. Battal Ebrus werden gerne als Malgrund für Kalligrafien und als Vorsatzblätter in Büchern verwendet. Als Basismuster bildet ein Battal Ebru außerdem die Grundlage für fast alle anderen Muster.

·         Gel-Git Ebru bezeichnet ein geradliniges Muster in Zick-Zack-Form. 

Es entsteht, wenn eine Nadel oder ein Kamm durch ein Battal Ebru gezogen wird.

·         Şal Ebru ist eine Variante vom Gel-Grit Ebru. 

Hier wird das Werkzeug in verschiedenen Richtungen über die Fläche gezogen, so dass ein Muster mit unterschiedlichen Linien entsteht.

·         Bülbül Yuvası kennzeichnet sich durch seine spiralförmigen Muster. 

Dafür wird der Pinsel in kreisenden Bewegungen von außen nach innen über ein Battal Ebru geführt. 

·         Taraklı Ebru ist die Bezeichnung für ein Kammmuster. 

Es entsteht, indem zuerst ein Gel-Grit Ebru gestaltet und anschließend ein Kamm einmal im rechten Winkel zum Muster über die Fläche gezogen wird. Dieses Muster mit seinen feinen, leicht abgerundeten Linienbögen dürfte das hierzulande bekannteste Marmoriermuster sein.

·         Hafif Ebru bezeichnet Malereien mit leichteren, weniger intensiven Farben

Hierfür werden die Farben stärker mit Wasser verdünnt und mit mehr Ochsengalle vermischt. 

·         Neftli Battal Ebru basiert auf einem Battal Ebru. 

Dabei wird der zuletzt verwendeten Farbe Terpentin beigemischt. Dadurch entsteht eine Art Fleckenmuster.

·         Hatip Ebru ist der Name für ein türkisches Marmorpapier, das verschiedene Ornamente, Motive oder Figuren darstellt. 

Den Ausgangspunkt bildet ein Battal Ebru, bei dem mehrere Farbtropfen in einer Farbe, in gleicher Größe und mit identischen Abständen zueinander auf die Fläche getropft werden. In die Farbtropfen werden anschließend Tropfen in weiteren Farben eingebracht und zu beispielsweise Herzen, Sternen, Kleeblättern und anderen Formen ausgestaltet.

·         Çiçek Ebru verdankt seinen Namen den charakteristischen Blumenmotiven. 

Ein solches Kunstwerk beginnt meist auf einem Battal Ebru, bei dem mithilfe einer Nadel ein Stiel und Blätter aus grüner Farbe gestaltet wurden. Anschließend werden weitere Farbtropfen in die Nähe des Stielendes gesetzt und zu Blütenblättern verzogen. 

·         Yazılı Ebru meint türkisches Papier, das mit einer Schmuckschrift verziert ist.

Dafür wird der Schriftzug meist mit Gummiarabicum auf das Papier gemalt und das Papier erst anschließend auf das Farbbad aufgelegt. Gummiarabicum bewirkt, dass das Papier an diesen Stellen keine Farbe aufnimmt. Kumlu Ebru ist das Ergebnis, wenn die Marmorierlösung allmählich an Qualität verliert. Dafür werden so viele Farbtropfen an einer oder an mehreren Stellen aufgetropft, bis die gesamte Oberfläche eingefärbt ist. 

Dabei entstehen Strukturen, die an Sand erinnern. Davon leitet sich auch der Name ab, denn Kum bedeutet Sand. Entstehen auf der Oberfläche V-förmige Risse, wird von einem Kilcikli Ebru gesprochen, wobei Kilcik Fischgräte heißt.

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